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Was ist Gewalt gegen Kinder?

"Kinder haben ein Recht auf gewaltfreie Erziehung. Körperliche Bestrafungen, seelische Verletzungen und andere entwürdigende Erziehungsmaßnahmen sind unzulässig." (§ 1631, Abs. 2 BGB)

Eine Untersuchung, die im Auftrag der Bundesregierung durchgeführt wurde, um die Wirkungen des im Jahr 2000 in Kraft gesetzten Kinderrechtes auf Erziehung ohne Gewalt zu überprüfen, hat gezeigt, dass die Mehrzahl der Eltern heute das Ideal einer gewaltfreien Erziehung teilen und den Einsatz von Gewalt gegenüber Kindern grundsätzlich ablehnt (Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend / Bundesministerium der Justiz, 2003). Diese Einstellung zu Erziehung deckt sich weitgehend mit dem gesetzlichen Leitbild. Das gilt im Wesentlichen für alle Bevölkerungsschichten und sozialen Milieus.

Dennoch kommt es auch heute noch in einem erheblichen Ausmaß zu Kindesmisshandlungen. Für das Jahr 2011 registrierte die polizeiliche Kriminalstatistik (PKS) 4.096 Anzeigen von Kindesmisshandlungen (§ 225 StGB) und 12.444 Anzeigen von sexuellem Missbrauch an Kindern (§ 176 StGB). Täglich werden 11 Kinder misshandelt, 39 Kinder sexuell missbraucht und drei Kinder pro Woche sterben an den Folgen von Misshandlung und Vernachlässigung.

Gängige Definitionen unterscheiden in der Regel vier Kategorien von Kindesmisshandlung:

Bei einem Kind können gleichzeitig mehrere Erscheinungsformen vorkommen. So kann beispielsweise die Einschüchterung des Kindes nach einer körperlichen Gewaltanwendung als emotionale Misshandlung verstanden werden. Misshandlungen können sowohl aktiv (Prügel) als auch passiv (in Form von Vernachlässigung) verübt werden. Häufig ist die Gewaltanwendung der Eltern ein Ausdruck eigener Hilflosigkeit und Überforderung. Vielfach sind misshandelnde Mütter oder Väter als Kind selbst Opfer von Gewalt gewesen. Insofern muss Gewalt gegen Kinder über das individuelle Problem von misshandelnden oder vernachlässigenden Eltern hinaus verstanden werden. Gewalt hat vielschichtige Ursachen und ist in gesellschaftliche Verhältnisse eingebunden. Diesen Verhältnissen sind Menschen je nach ihrer sozialen Lage unterschiedlich ausgesetzt. Die Häufung von Einschränkungen und Belastungen, von sozialen Benachteiligungen, von materieller Armut und psychischem Elend ist eine wesentliche Entstehungsbedingung für Gewalt gegen Kinder.