Weiter zum Inhalt

Zwischenruf zur aktuellen Lage von jungen Menschen in Corona-Zeiten

Die Kinder- und Jugendkommission (KiJuKo) hat am 3. März 2021 eine Stellungnahme veröffentlicht. Darin fordert sie mit Blick auf die Rechte von Kindern und Jugendlichen in Corona-Zeiten:

  • Die Perspektiven von Jugendlichen müssen nicht nur in Zeiten einer Krise in Niedersachsen am Kabinettstisch erörtert werden.
  • Den Kindern und Jugendlichen muss in allen von ihnen umfassenden Lebensbereichen ihre Selbstpositionierung ermöglicht werden.
  • Bei der Abwägung von Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie sollten dringend auch Kindern und Jugendliche selbst in die Beratungen einbezogen werden.

Damit Verordnungen und Stufenpläne eine positive Auswirkung auf die Lebenswelt von Kindern und Jugendlichen bewirken, fordert die Kinder- und Jugendkommission:

Expertise für Verordnungen nutzen
Kinder- und Jugendliche werden nach wie vor nicht gehört! Jugendverbände und Jugendringe, junge Engagierte in Sportvereinen oder junge Menschen in Schülerinnen- und Schülervertretungen als deren demokratische Interessenvertretungen müssen stärker an Debatten und Entscheidungen, die den Kampf gegen die Pandemie und dessen Folgen bestimmen, als Expertinnen und Experten ihrer eigenen Lebenswelt einbezogen werden. Bei der Abwägung von Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie sollen zudem auch Vertreterinnen und Vertreter aus der Kindermedizin, Entwicklungspsychologie und der Sozialpädagogik in die Beratungen von Sozialen Auswirkungen auf die Zielgruppe eine Einschätzung geben.

Kinder und Jugendlichen ihre Freiräume geben
In der aktuellen Lage von Kindern und Jugendlichen nehmen wir wahr, dass gerade die 14-bis 18-Jährigen häufig durch Regelungen ähnlich wie Erwachsene eingeschränkt werden. Sie benötigen zur Bewältigung der Kernherausforderungen des Jugendalters (Qualifizierung, Verselbstständigung, Selbstpositionierung) Freiräume.

Das, was für sie wichtig ist, wird bisher zu wenig berücksichtigt. Junge Menschen verbringen einen Großteil ihrer Zeit in Organisationen, wie Sportvereine, Jugendverbände oder Jugendzentren; sie engagieren sich dort und treffen dort ihre Freundinnen und Freunde. Dies alles ist von jetzt auf gleich zum größten Teil weggebrochen und kann auch durch digitale Formate nicht ausreichend ersetzt werden. Die Bedeutung dieser Lebensräume für Kinder und Jugendliche muss bei allen Entscheidungen kritisch mit-bedacht werden.

Kontaktgruppen
Kinder und Jugendliche brauchen ihre Peers. Monatelange Isolation, wie es die jetzigen Kontaktregeln für viele Kinder mit sich bringen, sind auch aus gesundheitlicher Sicht nicht vertretbar. Die Kontaktregeln sind für Familien nicht praktikabel und nicht alltagstauglich. Die Altersgrenze sollte auch bei hoher Inzidenz auf 12/14 Jahren statt auf 6 bzw. 3 Jahren liegen. Geschwisterkinder sollten ebenfalls ausgenommen werden.

Alternative Versorgung
Die Versorgungssituation für Kinder aus Familien in finanziellen Armutslagen ist im Lockdown und während der gesamten Pandemie deutlich schlechter geworden. Einmalzahlungen können das nicht kompensieren. Dass allein für über 30.000 Kinder in Niedersachsen derzeit die kostenlose Mittagsmahlzeit (fast überall) ersatzlos wegfällt oder auch weitere BuT-Leistungen wie der Zugang zu Nachhilfe entfallen, sind nur einige Beispiele. Familien brauchen eine klarere Form von Ersatzunterstützungen für entfallende Angebote.

Kita
Ziel muss es zum Wohlergehen der Kinder und aus Gründen des Kinderschutzes sein, dass Kitas möglichst durchgängig mit allen Kindern im Regelbetrieb arbeiten können. Ziel muss es zum Wohlergehen der Kinder und aus Gründen des Kinderschutzes sein, dass Kitas möglichst durchgängig mit allen Kindern im Regelbetrieb arbeiten können. Dafür müssen mit Teststrategien und Impfungen schnell die notwendigen Rahmenbedingungen hergestellt werden. Langfristig würde auch eine Reduzierung der Gruppengrößen zu einer Verringerung der Infektionen in Kitas beitragen.

Schule
Distanzlernen und Wechselmodell verschärfen die bestehende Bildungsbenachteiligung. Daher muss möglichst durchgängig oder frühzeitig der Präsenzunterricht für alle hergestellt werden. Langfristig sind auch mögliche Infektionen in Schulen ein Grund, zukünftig die Klassen-und Lerngruppengrößen zu reduzieren.

Gerade Kinder und Jugendliche im schulpflichtigen Alter benötigen den persönlichen Kontakt zu Peergroups und Selbstwirksamkeitserfahrungen im sozialen Umfeld. In Pandemie-Zeiten wäre Schule ein wichtiger Ort. Schule könnte diese Möglichkeiten schaffen und epidemiologisch schnell und angemessen reagieren, wenn Quarantänemaßnahmen erforderlich sind. Besser wäre, wenn der Kita-und Schulbesuch weiter zur Normalität für alle Kinder und Familien gehören würde.

Hilfen zur Erziehung
Ziel ist es die Betreuung der jungen Menschen in stationären und teilstationären Hilfen zu unterstützen. Die Jungen und Mädchen leben an sieben Tagen die Woche in den Einrichtungen. Daher müssen für Beschäftigte mit Teststrategien und Impfungen schnell die notwendigen Rahmenbedingungen hergestellt werden. Wesentlich ist es die jungen Menschen und Mitarbeitenden in die Teststrategie einzubeziehen.

Sport und Schulsport
Kinder und Jugendlichen müssen sich in ihrem Aufwachsen sportlich betätigen können. Gerade in der Adoleszenz und bei der Beschränkung der sozialen Kontakte, spielen Vereine und Sport eine wichtige Rolle für die Kinder und Jugendlichen. Kinder-und Jugendsport sollte daher zügig mit Hygienekonzepten wieder ermöglicht werden.

Spielplätze
Die durchgängige Öffnung der Spielplätze ist eine gute Entscheidung. Hier sollten allerdings Regeln für Spielplätze auf öffentlich zugänglichen Schulhöfen ergänzt werden. Schulhöfe müssen für die Kinder der Schule und der angeschlossenen Horte ganztägig nutzbar sein und auch öffentlich zugänglich bleiben (einige Schulleitungen sperren die Schulhöfe mit Bezug auf ihr Hausrecht, da die Abstandsregeln auf Spielgeräten nicht einzuhalten seien).

Quelle: Niedersächsische Kinder- und Jugendkommission