Viele Begriffe, die sexuelle Ausbeutung oder sexualisierte Gewalt beschreiben, wirken teilweise sehr bagatellisierend und sind weder zutreffend noch weisen sie eine Sensibilität gegenüber den betroffenen Kindern auf. "Kinderprostitution", "Kindersextourist" oder "Kinderpornographie" beschreibt keineswegs angemessen das, was Kindern widerfahren ist: Ein Kind hat die Prostitution nicht als Arbeit gewählt, sondern ist Opfer einer Straftat geworden, bei der es durch die Prostitution ausgebeutet wurde oder noch wird. Der Begriff Kindersextourist impliziert bspw. es handele sich um eine legitime Form des Tourismus. Dabei wird die touristische Infrastruktur für sexuelle Gewalt gegen Kinder ausgenutzt. Angemessen wäre hier die Bezeichnung "reisender Sexualstraftäter". Auch den Begriff Kinderschänder gilt es zu vermeiden, denn dem betroffenen Kind haftet keine Schande an.
Orientierungshilfe für einen bewussten und sensibilisierten Sprachgebrauch
Schutz von Kindern vor sexualisierter Gewalt und Ausbeutung sollte heutzutage auf einem reflektierten Sprachgebrauch basieren. Und neue Entwicklungen infolge der zunehmenden Digitalisierung und des Internets wie das Online-Grooming und Live-Streaming von sexuellem Missbrauch bedürfen einer Weiterentwicklung der angemessenen Begrifflichkeiten.
Hier bietet der Terminologische Leitfaden vielfältige Hilfen zu einem bewussteren Umgang mit Sprache an. Er enthält Beispiele, Erklärungen und alternative Formulierungen.
Hintergrund
Eine internationale interinstitutionelle Arbeitsgruppe im Umfeld des UN-Kinderrechteausschuss, initiiert von ECPAT International (Ending the Sexual Exploitation of Children), einigte sich auf angemessene Begriffe rund um die Thematik der sexuellen Ausbeutung und der sexualisierten Gewalt an Kindern und veröffentlichte bereits 2016 auf Englisch, Französisch und Spanisch den Terminologischen Leitfaden unter dem Namen "Luxembourg Guidelines".
Die deutsche Version des Terminologischen Leitfadens wurde in einer hochrangigen Arbeitsgruppe, die sich auf Anregung der Bund-Länder-NGO-Arbeitsgruppe zum Schutz von Kindern vor sexueller Gewalt und Ausbeutung gebildet hatte, abgestimmt und an den Sprachgebrauch im Deutschen angepasst. Das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend begleitete und ermöglichte durch eine finanzielle Förderung diesen Prozess in Deutschland. Am 2. Dezember 2019 wurde die deutsche Version des Leitfadens im Rahmen der konstituierenden Sitzung des Nationalen Rats gegen sexuelle Gewalt an Kindern und Jugendlichen von ECPAT Deutschland e.V. und der Bundesarbeitsgemeinschaft der Kinderschutz-Zentren e.V. veröffentlicht.
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