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Landesregierung beschließt Bundes­­rats­ini­tiative zum besseren Schutz minder­jähriger Zeugen

Allein im Jahr 2022 wurden in Deutsch­land mehr als 17.000 Kinder Opfer von Sexual­delikten. Diese er­schrec­kende Zahl wurde vom Bundes­krimi­nal­amt im Rahmen des Bundes­lage­bildes "Sexual­delikte zum Nach­teil von Kindern und Jugend­lichen" im Oktober 2023 ver­öffent­licht.

Die Niedersächsische Landesregierung hat sich in ihrem Koa­li­tions­ver­trag, ent­sprechend der Emp­fehlung der Enquete­kommission zur Ver­bes­serung des Kinder­schutzes und zur Ver­hin­derung von Miss­brauch und sexu­eller Gewalt an Kindern, zum Ziel gemacht, minder­jährige Zeugen best­mög­lich zu schützen. Dazu gehört ins­be­sondere auch die Mög­lich­keit von Video­ver­neh­mungen im ge­schütz­ten Raum.

Dr. Kathrin Wahlmann: "Effektiver Kinder­schutz ist eine gesamt­gesell­schaft­liche Dauer­auf­gabe. Gerade der Kampf gegen sexua­lisierte Gewalt und die Ver­bes­serung des Kinder­schutzes stehen für die Nieder­sächsische Landes­regierung ganz oben auf der Agenda. Deshalb ist es ein wichtiges Signal, dass wir diese Bundes­rats­ini­tiative auf den Weg gebracht haben, damit minder­jährige Zeugen vor Gericht kind­gerecht vernom­men werden und mög­lichst keine weitere Trauma­tisierung erfahren."

Die Situation einer Gerichts­ver­hand­lung kann ins­besondere für Kinder be­ängs­ti­gend und trauma­tisch sein. Beson­ders schwierig ist es oft­mals, in Gegen­wart des Ange­klagten aus­zu­sagen, vor allem wenn eine per­sön­liche Be­ziehung zwischen Opfer und Täter besteht. Hinzu kommen häufig noch weitere, dem Kind voll­kommen un­be­kannte Personen, etwa das Gericht mit Schöf­fin­nen und Schöf­fen, Staats­an­wäl­tinnen und Staats­an­wäl­ten, Ver­teidi­gerin­nen und Ver­teidi­gern sowie Dol­met­scherinnen und Dol­met­schern. Die Haupt­ver­hand­lung kann so das Trauma re­aktu­­a­lisieren, die psycho­lo­gische Auf­arbei­tung er­schweren oder gar auf lange Zeit ver­hindern.

Video­ver­nehmung: unnötige Belas­tungen durch eine Vernehmung im Gerichts­saal vermeiden
Mit der vor­liegenden Gesetzes­initiative soll die Mög­lich­keit geschaffen werden, die Vernehmung von Kindern in der Haupt­verhand­lung in einem Rahmen durch­zu­führen, der sie so wenig wie möglich beein­trächtigt und zu keiner weiteren Trauma­tisierung führt.

Das Kind soll nicht im Gerichtssaal, sondern in einem ge­son­derten Raum mittels Audio­technik ver­nommen werden, wobei die Aus­sage akustisch und optisch in den Gerichts­saal, in dem die übrigen Ver­fahrens­betei­ligten sitzen, übertragen wird.

Bislang lässt das Gesetz die Video­ver­nehmung eines Kindes in der laufenden Gerichts­ver­handlung nur zu, wenn die dringende Gefahr eines schwer­wiegen­den Nach­teils für das Wohl des Kindes besteht. Dieser Nach­teil muss über eine vorüber­gehende seelische oder körper­liche Belas­tung hinaus­gehen. Dem­gegen­über genügt für den Aus­schluss des Ange­klagten aus der Haupt­verhand­lung ein erheb­licher Nach­teil für das Wohl des Kindes, wobei es aus­reicht, dass sich die Verneh­mung in Gegen­wart des Ange­klagten theo­retisch schäd­lich auf die Psyche des Kindes auswirken kann.

Ziel des Gesetzentwurfes ist, die Voraus­setzun­gen für die audio­visuelle Vernehmung von minder­jährigen Zeugen abzu­senken und hier­durch unnötige Belas­tungen durch eine Vernehmung im Gerichts­saal zu vermeiden. Durch die Einführung eines weiteren Satzes in § 247a Abs. 1 StPO (Straf­prozess­ordnung) soll künftig eine audio­visuelle Ver­nehmung von minder­jährigen Zeugen bereits möglich sein, wenn bei der Verneh­mung in Gegen­wart der in der Haupt­verhand­lung Anwe­senden ein erheb­licher Nach­teil für das Wohl der Zeugin oder des Zeugen zu befürchten ist.

Quelle: Nds. Staatskanzlei, 19.03.2024, www.stk.niedersachsen.de