Weiter zum Inhalt

UBSKM und DJI starten Zentrum für Forschung zu sexueller Gewalt an Kindern und Jugendlichen

Nach mehrjährigen wissenschaftlichen Vorarbeiten hat das Amt der Unabhängigen Beauftragten für Fragen des sexuellen Kindes­miss­brauchs (UBSKM) das Deutsche Jugend­institut (DJI) e.V. mit dem Aufbau eines Zentrums für Forschung zu sexu­eller Gewalt an Kindern und Jugend­lichen beauf­tragt. Das DJI hat jetzt mit dem Aufbau des Forschungs­zentrums begonnen. Es wird regelmäßig bundes­weite Befra­gungen von Jugend­lichen zu Aus­maß und Häufig­keit sexueller Gewalt und anderen Gewalt­formen sowie zu unter­schied­lichen Tat­kontex­ten durch­führen sowie Wissen und Expertise im Themen­feld bündeln.

Kerstin Claus, Unabhängige Beauftragte für Fragen des sexuellen Kindes­miss­brauchs (UBSKM): "Der Start des Zentrums für Forschung zur sexuellen Gewalt an Kindern und Jugendlichen ist ein Meilenstein. Seit über 10 Jahren wird kritisiert, dass es in Deutschland keine wissen­schaftlich verlässlichen Zahlen zum Ausmaß sexueller Gewalt an Kindern und Jugend­lichen gibt. Diese brisante Wissenslücke wird durch das neue Forschungs­zentrum geschlossen werden. Die Erkenntnisse und Daten des Zentrums werden in die Arbeit meines Amtes und auch in meine Bericht­erstattung gegenüber der Politik einfließen – und so ein evidenz­basiertes und ziel­gerichtetes Handeln der Politik ermöglichen."

Claus betonte, sie freue sich sehr, dass mit der Beauftragung des DJI ein erfahrenes Forschungs­institut mit der Erhebung und Analyse wissen­schaftlich hoch­wertiger und inter­national vergleich­barer Daten zur sexu­ellen Gewalt an Kindern und Jugend­lichen beauftragt werden konnte. Mit der Beauf­tragung sei ein zentrales Vorhaben des UBSKM-Amtes noch in diesem Jahr auf den Weg gebracht worden.

Prof. Dr. Sabine Walper, Direktorin des DJI: "Mit einer empirischen Bestands­auf­nahme zur Ver­breitung sexueller Gewalt an Kindern und Jugend­lichen wollen wir zunächst prüfen, wo wir stehen und welche Verbes­serungen künftig nötig sind. Die Trend-Daten eines länger­fristigen Moni­torings werden zeigen, wie erfolgreich die bisherigen gesellschaftlichen Anstrengungen zur Prävention sexueller Gewalt an Kindern und Jugendlichen waren. Dabei ist uns besonders wichtig, auf allen Ebenen unserer Forschungs­arbeit Betroffene einzu­beziehen."

Partizipationskonzept sieht Beteiligung Jugendlicher vor
Das beim DJI angesiedelte Forschungszentrum setzt auf ein umfassendes Partizipations­konzept, das die Berück­sich­tigung verschie­dener Per­spek­tiven sicherstellt. Jugend­liche, Erwachsene, die in ihrer Kind­heit oder Jugend sexuelle Gewalt erlebt haben, sowie Vertreter:innen aus Wissen­schaft und Fach­praxis werden aktiv in die Planung und Durch­führung der Studie, die Inter­pretation der Ergebnisse und die Ableitung von Empfeh­lungen eingebunden. Hierfür werden drei eigen­ständige Gremien eingerichtet.

Mit der Durchführung der Befragung hat das DJI Prof. Dr. Andreas Jud, Epidemiologe im Kinder­schutz am Universitäts­klinikum Ulm, beauftragt. Die vertiefenden Analysen der Befragungs­ergebnisse übernehmen Forschende des DJI.

Die bundesweite Befragung ist als sogenannte "Dunkelfeldbefragung" an Schulen geplant. Dort soll es Aufklärungs- und Informations­ange­bote zum Themen­feld geben, sowie Hilfe- und Unter­stützungs­angebote für die befragten Schüler:innen, die Eltern und Sorge­berechtigten sowie für schulische Fach­kräfte. Hierzu ist UBSKM in enger Abstimmung mit der Kultus­minister­konferenz (KMK) und den Kultus­behörden der Länder.

Das Forschungsprojekt ist zunächst bis 23.10.2027 befristet. Das UBSKM-Gesetz, das derzeit im Deutschen Bundestag beraten wird, sieht vor, das Zentrum als wichtige Datenquelle für die UBSKM-Bericht­erstattung gesetzlich zu verankern.

Der EU-weiten Ausschreibung des Zentrums für Forschung zu sexueller Gewalt an Kindern und Jugend­lichen sind lang­jährige Beratungen und Vorarbeiten im "Nationalen Rat gegen sexuelle Gewalt an Kindern und Jugend­lichen" sowie mehrere Exper­tisen, Arbeits­papiere und ein Diskussions­papier für ein Konzept des Zentrums voraus­gegangen. So sieht das Zentrum beispiels­weise vor, entsprechend der "Leitlinien zur Konzeption von Häufig­keits­forschung des Nationalen Rates", bei den Befragungen von Jugend­lichen auch weitere Gewalt­formen in Kind­heit und Jugend zu erheben.

Hintergrund: Hell- und Dunkelfeldbefragungen
Das "Dunkelfeld" ist die Summe aller sexuellen Übergriffe gegen Kinder bzw. Jugendliche, unabhängig davon, ob sie Behörden – etwa den Straf­ver­folgungs­behörden – bekannt werden. Das polizeiliche "Hellfeld" der dort bekannt werden Delikte wird in der jährlich er­scheinen­den Poli­zei­lichen Kriminal­statistik (PKS) dargestellt. Dort wurden für das Jahr 2023 rund 16.300 Fälle von Kindes­miss­brauch und rund 45.000 Fälle von Miss­brauchs­dar­stellungen, sog. Kinder­porno­grafie, verzeichnet. Das Dunkel­feld ist um ein Viel­faches größer.
 

Weitere Informationen:
Zahlen und Fakten zu sexueller Gewalt:
beauftragte-missbrauch.de

DJI Diskussionspapier für ein Konzept zur Vorbereitung des Zentrums für Forschung zu sexueller Gewalt an Kindern und Jugendlichen und weitere Arbeitspapiere: www.dji.de

Leitlinien für die Konzeption von Häufig­keits­for­schung zu (sexueller) Gewalt an Kindern und Jugendlichen des Nationalen Rates: www.nationalerrat.de

Quelle: Pressemitteilung USBKM, 11.12.2024, beauftragte-missbrauch.de